Brennnessel

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Aktualisiert am 28. Juli 2023 von Bauernhofurlaub.de

Brennnessel © H. Brauer - stock.adobe.com

Die Brennnessel dient vor allem als Heil- und Nutzpflanze, sowie als Küchenkraut, welches vielgenutzt wird in Smoothies, als Brennnesselspinat, Pesto oder Suppe. Diese alte Pflanze wird oftmals unterschätzt, da sie weit mehr ist, als nur ein lästiges Unkraut mit schmerzhaft-brennenden Blättern. Gerade ihre gesundheitsfördernden Inhalts- und Wirkstoffe sind es, welche die Brennnessel zu einem so wertvollen Heilkraut machen. Dieses wird sowohl in der Naturheilkunde als auch in der Schulmedizin vorwiegend gegen Harnwegs- und Nierenleiden, bei rheumatischen Beschwerden und Gelenkproblemen eingesetzt.

Steckbrief

Name: Urtica
Pflanzenfamilie: Brennnesselgewächse (Urticaceae)
Vorkommen: nahezu weltweiter Kosmopolit (außer Südafrika und Polarregion), ihr Ursprung liegt in Mitteleuropa
Wuchs: krautige, ausdauernde Pflanzen von 10 cm bis 3,0 m Höhe, Rhizom-Wurzler
Aussehen: meist vierkantige, weitverzweigte, aufrechte Stängel, längliche, mittelgrüne, gezackte Blätter, die wie alle grünen Pflanzenanteile mit Borsten- und Brennhaaren besetzt sind, Blätter können bis zu 20 cm lang und bis zu 15 cm breit werden, 1,5 mm kleine, knötchenartige, unauffällige, gelblich-grüne Blüten
Besonderheit: Beim Berühren der Brennnessel verspürt man ein schmerzhaftes Brennen, das sich zu geröteten Schwellungen (Quaddeln) auf der Haut ausweiten kann, was an den Brennhaaren auf sämtlichen oberirdischen Pflanzenteilen liegt.
Aussaat der Samen oder Pflanzen im Freien: März bis Mai
Anbau: nährstoff- und stickstoffreiche, feuchte, humose Böden, halbschattig bis leicht sonniger Standort, Samen nur leicht im Abstand von 25 bis 35 cm in die Erde eindrücken (Lichtkeimer), da sie sich später großflächig ausbreiten, Topfzucht ist ebenfalls möglich
Pflege: hoher Wasserbedarf, sonst sehr pflegeleicht, braucht gute Stickstoffversorgung, möglichst über organische Düngemittel (Kompost, Hornmehl), Staunässe vermeiden
Blüte: Juni bis Oktober

Inhaltsstoffe der Brennnessel

Chlorophyll, Flavonoide, Kalzium, Magnesium, Kalium, Silicium, Eisen, Phosphor, Mangan Carotinoide, Eiweiß, Phytosterole, Vitamine A, B, C, D und K, Gerbstoffe, ätherische Öle, Phenolcarbonsäuren

Wirkstoffe, die das Brennen verursachen: Kieselsäure, Histamin, Natriumformiat (Ameisensäure), Serotonin, Acetylcholin, Scopoletin

Auch die Wurzeln der Brennnesseln können heilfördernd verarbeitet werden, sie enthalten unter anderem Lektine, Lignane, Cumarine, Sterole und Polysaccharide.

Namensvielfalt der Brennnessel

Scharfnessel, Saunessel, Donnernessel, Senznettel, Zingel, Hanfnessel, Tissel, Nessel

Die Gattung Brennnessel und ihre Arten

Weltweit gibt es etwa 45 unterschiedliche Brennnessel-Gattungen, die in über 2.500 verschiedene Unterarten eingeteilt sind. Davon kommen innerhalb Europas häufig vor:

Große Brennnessel (Urtica dioica) Kleine Brennnessel (Urtica urens) Pillen-Brennnessel (Urtica pilulifera) Röhricht-Brennnessel (Urtica kioviensis) Geschwänzte Brennnessel (Urtica membranacea)

Besonderheiten der Brennnessel

Es gibt zwei äußerlich der Brennnessel insbesondere von ihren Blättern her sehr ähnliche, jedoch nicht verwandte Pflanzengattungen. Beide verursachen bei einer Berührung der jeweiligen Pflanze keinerlei schmerzhaftes Brennen, da keine Brennhaare vorhanden sind. Es handelt sich dabei um die:

Taubnessel (Lamium) Nesselblättrige Glockenblume (Campanula trachelium)

Stoff-Fasern aus Brennnesseln

Seit rund 30.000 Jahren gibt es bereits Stoffe, die aus Brennnesselfasern angefertigt wurden, vor allem in China. Durch eine rasante Knappheit an Baumwolle, die Ende des 19. Jahrhunderts auftrat, flammte das industrielle Interesse an der Faserpflanze erneut auf. Um das Jahr 1900 war die Brennnessel verschrien als „Leinen armer Leute“.

Färben mit Brennnesseln

Viele Jahrhunderte lang zählte die Brennnessel zu den Kräutern, mit denen etwas eingefärbt werden konnte. Wenn beispielsweise eine Brennnessel-Wurzel mit Alaun vorgebeizt wurde, war es möglich, Wolle damit gelb einzufärben. Über eine Vorbeize aus Zinn, eine Nachbeize aus Kupfer und einem Entwicklungsbad mit Ammoniak, erzielte man aus den grünen Pflanzenteilen der Brennnessel einen kräftig-graugrünen Farbton. Hierfür wurden rund 600 Gramm dieser Pflanzenteile pro 100 Gramm an Wolle benötigt. Da die Intensität des gewonnenen Farbtons jedoch davon abhing, zu welchem Zeitpunkt die Pflanze geerntet wurde, ist diese Färbetechnik in der heutigen Massenproduktion von Kleidungsstücken längst überholt. Die Berücksichtigung des passenden Pflückzeitpunktes wäre viel zu aufwändig und zu damit zu kostenintensiv.

Die Verwendung der Brennnessel im Gartenbereich

Insbesondere im Bio-Gartenanbau genießt die Brennnessel vielfältige Verwendungsformen. Ein Kaltwasserauszug von Brennnesseln (Brennnesseljauche), der rund 24 Stunden lang angesetzt wird, gilt als wachstumsförderndes Pflanzenstärkungsmittel. Für Pflanzen, welche mit Brennnesseljauche behandelt wurden, ist diese nicht nur ein hochwirksamer Dünger, sondern auch ein effektives Schädlingsbekämpfungsmittel, da sie die Widerstandskraft der Pflanzen erhöht.

Geschichte der Brennnessel

Brennnessel © Maryna - stock.adobe.com

Die Brennnessel als Heilpflanze

Die Reaktion der Haut auf das schmerzhafte Brennen der Brennnessel hat sogar einer ähnlich verlaufenden Krankheit schon früh ihren Namen verliehen. Die Rede ist von der Nesselsucht, die entsprechend auch Urtikaria genannt wird.

Aus mittelalterlichen Kräuterbüchern ist zu entnehmen, dass aufgebrühte Blätter der Brennnessel zum Beispiel bei einem Seitenstich auf die schmerzende Stelle gelegt wurden. Zerstoßene Brennnesselblüten als Sud aufgekocht, verwendete man bei Verstopfungen der Harnwege. Hildegard von Bingen, die berühmte Heilkundige des Mittelalters, empfahl aus Brennnessel-Blättern einen Arzneiwein zu kochen oder wahlweise die Samen der Brennnessel mit Honig zu einem Mus (Latwerge) zu verarbeiten. Das sollte gegen einen harten Bauch, zur Reinigung des Magens oder Beschwerden im Darm helfen. Zur Mittelalterzeit wurde bei Hundebissen oder anderweitigen Verletzungen der Haut empfohlen, zerstoßene Brennnesselblätter mit Salz zu vermengen und das Gemisch mit einem Umschlag auf die verletzten Hautstellen zu wickeln. Diese Rezeptur sollte auch bei Schwellungen der Haut (Beulen) helfen.

Da die Brennnessel eine jahrtausendealte Geschichte als Heil- und Nahrungsmittelpflanze besitzt, ranken sich auch genauso lange die Mythen sowie der Aberglaube um dieses Kraut.

Nachstehend einige dieser wundersamen Bräuche: Alljährlich zum 1. Januar sollte ein Kuchen gegessen werden, der Brennnesseln enthielt, das sorgte dafür, dass man sich ein gutes Jahr ohne Unheil sicherte. Wer sich im kommenden Jahr vor Geldnot schützen wollte, der musste am Gründonnerstag ein feines Brennnessel-Gemüse zu sich nehmen. Wer darüber hinaus frei von Furcht bleiben und einen klaren Verstand behalten wollte, der sollte es immer wieder einmal aushalten, fünf Brennnessel-Blätter fest in der Hand zu halten. Um gegen den Zauber der Elfen gefeit zu sein, war es zudem Brauch am Johannis-Tag (24. Juni) Pfannkuchen zu essen, die mit Brennnesselblättern gefüllt waren.

Sagenumwobene Brennnessel

Der Name „Donnernessel“ verweist auf ihre mythologische Bedeutung, denn Nesseln waren das Symbol des Donner- und Blitzgottes Donar. Auch die Menschen des Mittelalters glaubten an den Mythos des Blitzgottes und warfen aus diesem Grunde einen großen Strauß Brennnesseln über die Dächer ihrer Häuser weil sie glaubten, damit ihre Behausungen vor Blitzeinschlag zu verschonen. Zudem war man der Annahme, dass die Nesseln dem Blitz den Weg am Haus vorbei und hinab zu den Erdgeistern aufzeigten.

Verwendung in der bäuerlichen Küche

In der Bauernküche von einst, die heute wieder angesagter denn je ist, stellte man aus Brennnesseln ein spinatartiges Gemüse her, welches genau wie Spinat, bevorzugt mit hartgekochten Eiern und Salzkartoffeln gereicht wurde. Die jungen, frischen Triebe der Brennnesseln wurden als Wildkraut vor allem im Frühjahr gesammelt, um sie zu diesem feinsäuerlich-aromatisch schmeckenden Wildgemüse oder als Pfannkuchen-Einlage zu verarbeiten. Die Triebe der Frühjahres-Brennnessel waren bei den Bauern stets ein fester Bestandteil der „Neunkräutersuppe“, durch deren Verzehr sie sich mit den frisch erwachenden Lebenskräften der Frühlingsnatur verbunden fühlten. Weiterhin wurde die Brennnessel als Tee, als Zugabe zu Fleischspeisen (was diese sehr zart machte) oder als Lab-Ersatz bei der Zubereitung von feinem Bauernkäse verwendet. Viele Bauern pressten aus ihr auch einen kräutrigen, verdauungsfördernden Saft. Die eiförmigen Brennnesselsamen röstete man gerne, um sie über einen Salat oder ein Butterbrot zu streuen oder sie wurden zu Brennnessel-Samenöl verarbeitet.

Mit Bauernschläue dem Brennen der Nesselhaare entgegenwirken. Bei roher Verwendung der Brennnesselblätter entkam man der schmerzhaften Wirkung ihrer Nesselhaare, indem die nachfolgenden Kniffe berücksichtigt wurden:

Die zu verwendenden Pflanzenteile der Brennnessel werden in ein Tuch gewickelt und stark gewrungen oder wahlweise mit einem Nudelholz gewalkt. Die Brennnesselteile einer kräftigen, längeren Wasserdusche aussetzen Die Pflanzenteile nicht von Hand, sondern mit einem Wiegemesser äußert fein zerhacken Das Pürieren der Brennnesselteile in einem Mixgerät machte die Brennhaare ebenfalls unschädlich Blanchieren und Kochen der Pflanzenteile der Brennnessel vernichtet die Nesselhaare. Wenn die Brennnesselteile zur Zubereitung von Tee verwendet wurden, mussten sie zunächst getrocknet werden, was die reizend-brennende Wirkung zum Verschwinden brachte.

Tipp: Die Blattunterseite der Brennnessel-Blätter besitzen keine Brennhaare, sie sollten beim abpflücken also von unten gegriffen werden, um das schmerzhafte Brennen zu vermeiden.

Anwendung

Kosmetische Anwendung

Tinkturen aus der Brennnessel kannst Du entweder selbst herstellen oder sie käuflich erwerben. Sie eignen sich sehr gut bei Haarausfall, indem Du ein paar Tropfen der Tinktur in die Kopfhaut einmassierst. Zudem regen die Wirkstoffe der Brennnessel das Haarwachstum an.

Die Brennnessel findet in Form von Salben und Cremes sowohl Einsatz bei leichten Verbrennungen als auch bei Sonnenbrand. Diversen Lotionen, Badezusätzen, Deos und Seifen wird die Brennnessel gerne wegen ihres hohen Anteils an Chlorophyll zugesetzt, da dieser stark desodorierend wirkt. In vielerlei Kosmetikprodukten werden zudem die Samen der Brennnessel verarbeitet, da sie tonisierend wirken und die Körperfunktionen anregen.

Heilfördernde Anwendung

Die Brennnessel wird überwiegend gegen Beschwerden mit den Harnwegen (z.B. bei einer Reizblase oder Blasenentzündung), bei Gicht, Nierengrieß, Gallenproblemen, Prostatavergrößerungen und Rheuma eingesetzt. Aber auch bei Hautjucken, Nesselsucht und allergiebedingten Hautproblemen. Ebenso findet sie ihren Einsatz bei Problematiken, die Gelenke betreffend. Da sie harntreibend und ausleitend wirkt, setzt man sie weiterhin gerne zum Entwässern ein, beispielsweise mit einer zeitgleich einhergehenden Diät zur Gewichtsreduktion.

Wirkungen der Brennnessel im Kurzüberblick

    • Harntreibend
    • Entwässernd
    • Entschlackend
    • Blutreinigend
    • Entkrampfend
    • Entzündungshemmend
    • Schmerzlindernd
    • Immunsystem stimulierend
    • Stoffwechsel anregend
    • Galle- und Leberanregend

Nebenwirkungen

Die Nebenwirkungen von Brennnessel-Präparaten sind im Regelfall auf maximal leichte Reaktionen von Unverträglichkeit beschränkt. Das sind beispielsweise allergische Hautreaktionen (Ausschlag, Juckreiz, Nesselsucht…) oder Beschwerden des Magen-Darm-Traktes. In den meisten Fällen wird die Brennnessel jedoch sehr gut vertragen.

Bei einer bekannten Intoleranz gegen Histamin sollte die Einnahme von Produkten, die Brennnessel enthalten, zunächst in kleiner Dosierung ausprobiert oder vorab mit einem Arzt besprochen werden.

Die Brennnessel ist zwar für ihre entwässernden Eigenschaften bekannt, wer jedoch unter Wasseransammlungen des Körpers leidet, die durch eingeschränkte Nieren- oder Herzfunktionen bedingt sind, sollte die Brennnessel besser nicht anwenden.

Brennnessel im Handel

Diese Heilkräuter können in vielerlei Formen käuflich erworben werden, im gärtnerischen Bereich beispielsweise als Samen oder Frischpflanzen. In der Kosmetik gibt es zahlreiche Gesichts- und Körperpflegeprodukte, Shampoos, Haarwässer, Duschgele und Badezusätze, welche die Brennnessel beinhalten. In Lebensmittelform sind sie beispielsweise als Tees, Frisch-Presssäfte, Kräuterliköre und Schnäpse erhältlich. Im medizinischen Bereich sind sie als Salben, Cremes, Tinkturen, Tropfen, Öle, Globuli, Extrakte, Pulver oder sonstige homöopathische Auszüge zu bekommen. Zudem in Dragees, Tabletten- und Kapselform.

Tipp: Brennnesseltees zur Entschlackung, Entwässerung und Giftstoffausleitung sollten mit den weiteren Heilkräutern Hauhechelwurzel, Goldrutenkraut und Birkenblättern kombiniert sein, um noch effektiver wirken zu können. Brennnesseltees zur Behandlung einer gutartigen, vergrößerten Prostata in Kombination mit den Früchten der Sägepalme (Serenoa repens) zeigen ebenfalls eine verstärkte Wirkung.

Fazit

Diese uralte Heilpflanze ist ein wahres Allroundtalent und das sowohl in der Naturheilkunde, Medizin und Kräuterküche als auch in ihrer Verwendung zu gärtnerischen Zwecken. Sie fehlt in keinem Bauern- oder Kräutergarten.