Fingerhut

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Aktualisiert am 14. Juli 2023 von Bauernhofurlaub.de

Fingerhut © unpict - stock.adobe.com

Mit seinen zahlreichen und wie ein kleiner Fingerhut geformten Blüten stellt diese Pflanze einen auffälligen „Hingucker“ dar. Diese wunderschöne, meist purpurfarbene Pflanze mit ihrer langen Blütentraube ist trotz ihres lieblichen Anscheins hochgiftig!
Dennoch werden ihre Wirkstoffe, die Digitalisglykoside, von Ärzten auf der ganzen Welt in homöopathischen Auszügen als bestes herzstärkendes Mittel verschrieben, welches sich derzeit auf dem Markt befindet. Auch die Naturheilkunde verwendet den Fingerhut in der Homöopathie.

In heimischen Gärten oder Parkanlagen kennt man den Fingerhut als hübsche Zierpflanze, die immer wieder gerne als leuchtender Farbtupfer angebaut wird. Wild wächst der Fingerhut innerhalb Europas häufig auf Kahlflächen und Waldlichtungen. Es gibt weltweit rund 25 verschiedene Fingerhutarten.

Steckbrief:

Name: Digitalis purpurea
Pflanzenfamilie: Wegerichgewächse (Plantaginaceae)
Vorkommen: Der Ursprung liegt in Süd-, Mittel-, Nord- und Westeuropa sowie Marokko, als Neophyt auch in Süd- und Nordamerika anzutreffen, wächst auch in Gebirgslagen
Wuchs: Bis zu 2 m hoch, krautige, zweijährige Pflanze mit Pfahlwurzel, die im ersten Jahr eine Grundblattrosette ausbildet, woraus im zweiten Jahr ein hoher Stängel wächst.
Aussehen: Hoher, beblätterter, unverzweigter Stängel, bis zu 20 cm lange, grüne, spitzoval geformte Laubblätter mit kerbigem Blattrand. Traubenartige, lange Blütenkerze mit violetten, purpurroten, gelben oder weißen Blüten, die eine glockenartige Fingerhutform besitzen und 4 bis 5 cm lang sind. Es bilden sich eiförmige, braunschwarze Samen oder Kapselfrüchte, die auch „Ballonflieger“ genannt werden und die eine Länge von jeweils ca. 12 mm haben.
Besonderheit: Gift- und Heilpflanze zugleich! Ab und zu erblüht statt den vielen kleinen fingerhutförmigen Blüten nur eine einzige Riesenblüte!
Aussaat der Samen im Freien: Frühjahr bis Sommer (März bis Juli)
Anbau: Sonniger bis halbschattiger Standort, kalkarmer, lockerer, saurer, humus- und nährstoffreicher Boden. Lichtkeimer, deshalb Samen andrücken und nur leicht mit Erde bedecken, vor dem Anbau sollte der Boden gut aufgelockert und mit etwas Humus angereichert werden. Im ersten Jahr entsteht nur eine Blattrosette aus der im zweiten Jahr ein hoher Stängel schießt. Anbau im Topf ist ebenfalls möglich!
Pflege: Der Boden sollte stets feucht gehalten werden, aber Staunässe mag der Fingerhut nicht, Samenstände regelmäßig zurückschneiden. Beim Umgang mit dem Fingerhut sollten Handschuhe getragen werden, da durch die Berührung der Blätter ein Hautausschlag entstehen kann. Manche klagen über Übelkeit oder Kopfschmerzen durch die Berührung.
Blüte: Juni bis August (je nach Aussaatmonat)

Inhaltsstoffe des Fingerhuts

Digitalisglykoside, Cyanin, Digitoxin, Glykoside, Cholin, Acetylcholin, Gallussäure, Schleim, Saponine, Gitoxin, Gitaloxigenin, Inositol, Cardenolide

Namensvielfalt des Fingerhuts

Fingerkraut, Unserer-lieben-Frauen-Handschuh, Waldschelle, Fuchskraut, Waldglöckchen, Fingerhütlein, Fingerpiepen, Klapprause, Blatzblummen, Handtelen, Waltglöcklin, Potschen, Schwulstkraut, Waldnönnchen, Waldglocke, Handschuhkraut, Liebfrauenhandschuh, Platzblume, Waldschwelle

Im englischen Sprachgebrauch nennt man den Fingerhut:
Foxglove (Fuchshandschuhe) oder dead men´s timbles (Totenfingerhut)

Besonderheit des Fingerhuts

Alle Pflanzenteile des Fingerhuts sind hochgiftig! Schon das Verzehren von zwei kleinen Blättern könnte zu Vergiftungen mit tödlichem Ausgang führen!

Zur Behandlung einer Herzinsuffizienz müssen bei der Gabe von herzstärkenden Medikamenten gleich drei Wirkungsweisen gegeben sein, die der Fingerhut allesamt aufweisen kann. Diese drei Wirkungen sind: Herzstärkung, Verzögerung der Erregungsüberleitung des Herzens sowie eine Verlangsamung der Herzfrequenz.
Deshalb wird er weltweit bevorzugt bei Herzschwäche eingesetzt, obgleich die Einstellung der passenden Dosis für den jeweiligen Patienten nicht ganz einfach ist. Das liegt daran, dass die herzwirksamen Digitalisglykoside erst bei einer relativ hohen Dosierung ihr volles Wirkspektrum entfalten und diese hohen Dosen schon im Grenzbereich liegen.

Es gibt weitere Pflanzen, welche diese herzstärkenden Eigenschaften aufweisen, das sind: Maiglöckchen, Einbeere, Oleander, Christrose, Salomonssiegel, Meerzwiebel, Weißdorn

Geschichte des Fingerhuts

Fingerhut © S. Lorenzen-Mueller - stock.adobe.com

Fingerhut als Heilpflanze

Der Fingerhut ist seit dem 16. Jahrhundert als farbenfrohe und formschöne Zierpflanze in Gärten und Parks anzutreffen.

Unter dem lateinischen Namen „Digitalis purpurea“ veröffentlichte Carl von Linné, ein schwedischer Naturforscher, den Fingerhut erstmals im Jahre 1753.

Obwohl alle Pflanzenteile des Fingerhuts giftig sind, findet er in der Heilkunde schon lange Verwendung. Seit dem späten 18. Jahrhundert wird der Fingerhut im medizinischen Bereich als wirkungsstarkes Heilmittel gegen Herzschwäche (Herzinsuffizienz) eingesetzt. In England verwendete man ihn zur Auswurfförderung bei einer Bronchitis, als Brechmittel und gegen Schwindsucht. Im Jahre 1775 setzte der englische Arzt William Withering die Blätter des Fingerhutes nach einem überlieferten Familienrezept zur Behandlung von Wassersucht ein, ebenso gegen Ödeme, die aufgrund einer Herzschwäche entstehen.

Sagenumwobener Fingerhut

Insbesondere den irischen und englischen Sagen zufolge, dient diese Pflanze dem Volk der Elfen als Kopfbedeckung, da er die Form eines Fingerhutes besitzt. Auch heute noch sieht man viele Bilder, in denen Elfen eine Fingerhutblüte auf dem Kopf tragen. In weiteren Erzählungen ist zu vernehmen, dass böse Feen diese hütchenartigen Blüten einst den Füchsen als Handschuhe geschenkt haben sollen, damit sie sich absolut lautlos in die Hühnerställe schleichen konnten, um dort ihr Unwesen zu treiben. Die Zeichnung im Inneren der Blütenköpfe soll der Sage nach, von den Fingerabdrücken der bösen Feen stammen.

Im 15. Jahrhundert verwendete man den Fingergut des Öfteren in magischen Bräuchen. Insbesondere wurde ihm die Fähigkeit zugeschrieben, gegen den „Bösen Blick“ zu helfen. Wenn man mit Fingerhut räuchert sollte das vor schlechten Einflüssen beschützen und die Liebe im Hause vergrößern. Es war zudem Brauch, dass Verliebte zu einer Fingerhutpflanze gingen, um sich dort das Eheversprechen zu geben und ewige Treue zu schwören.

In der französischen Bretagne ging einst das Gerücht um, dass die Milch umkippt und sauer werden würde, sobald man eine frische Fingerhut-Pflanze ins Haus mitbringt.

Im Roman „Der Stechlin“ von Theodor Fontane steht der Fingerhut als Symbol für das bevorstehende Ende des Lebens seiner Romanfigur Dubslav.

Verwendung in der bäuerlichen Küche

Der Fingerhut ist eine Giftpflanze und deshalb nicht essbar, er fand also zu keiner Zeit Verwendung in der Bauernküche.

Anwendung

Kosmetische Anwendung

Der Fingerhut findet im kosmetischen Bereich keine nennenswerte Verwendung.

Heilfördernde Anwendung

Die heutige Medizin bietet in homöopathisch geringer Dosierung den sonst hochgiftigen Fingerhut in diversen Arzneimitteln insbesondere für die nachfolgenden Erkrankungen an: Herzschwäche, Herzrhythmusstörungen, Herzasthma, Herzrasen, Angina pectoris, Ödeme, Migräne, Kurzatmigkeit

Früher wurde er von den Heilkundigen weiterhin eingesetzt für:
Bronchitis, Fieber, Lungenentzündung, Abszesse, Furunkel, Gicht, Unterleibszysten, Wassersucht, Wochenbettfieber, Tuberkulose, Kopfschmerzen und zur Heilung von Wunden.

In der Homöopathie ist er heutzutage im Einsatz bei:
Herzasthma, Herzschwäche, Kurzatmigkeit, Herzinsuffizienz, Leberleiden, Ödemen, Prostataerkrankungen, Wassereinlagerungen, Wassersucht, Migräne, Schlafstörungen, Erschöpfungszuständen, Depressionen, Angstzuständen und bei geschwollenen Füßen.
Die Homöopathie kennt den Fingerhut unter der Bezeichnung „Digitalis“ und bietet ihn in Form von Globuli in den Potenzen D6 und D12 an. In dieser Potenzierung ist diese Pflanze nicht mehr toxisch.

Äußerliche Anwendung:

Die Volksheilkunde sieht Abkochungen der Blätter des Fingerhutes vor, die dann in Form eines Umschlages zur Heilung von Wunden angewandt werden.

Wirkungen des Fingerhuts im Kurzüberblick:

  • Herzstärkend
  • Herzschlagverlangsamend
  • Zusammenziehend (verdichtet die Oberfläche der Haut)
  • Harntreibend
  • Entwässernd
  • Tonisierend
  • Wundheilfördernd
  • Schmerzstillend
  • Entzündungshemmend
  • Beruhigend
  • Nervenstärkend

Nebenwirkungen

Der Fingerhuft ist hochgiftig. Er wird lediglich in speziellen Auszugsverfahren im medizinischen Bereich verwendet und das auch nur in homöopathischen Dosen. Er darf jedoch keinesfalls verzehrt, als Tee aufgekocht oder auf eine andere Weise in Selbstanwendung genutzt werden.

Bei äußerlicher Anwendung von Fingerhut-Umschlägen kann es zu Hautausschlägen kommen, sofern jemand zu Allergien neigt oder speziell gegen die Inhaltsstoffe des Fingerhutes allergisch ist.

Der Fingerhut im Handel

Im medizinischen Bereich findet man den Fingerhut vor allem als verschreibungspflichtiges Medikament gegen Herzschwäche. Die Naturheilkunde bietet ihn in Form von Globuli an. Aus den Fingerhutblättern werden zudem Tinkturen, Pulver und Extrakte hergestellt.

Im Gartenbedarf ist der Fingerhut in Form von Samen und kleinen, vorgezogenen Pflanzen erhältlich.

Fazit

Der wunderschöne und farbenprächtige Fingerhut wächst wild am Waldrand. Oder er verschönt einen romantischen Bauern- und Kräutergarten. Er macht wegen seiner imposanten Größe und den prachtvollen Blüten allerorts eine gute Figur. In einem Garten, in dem Kinder spielen oder sich Haustiere aufhalten, sollte man jedoch auf seine Anpflanzung verzichten, da die komplette Staude giftig ist!

Der Fingerhut steht unter Naturschutz und es ist ausdrücklich untersagt, ihn in freier Natur zu sammeln!