Liebstöckel

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Aktualisiert am 17. August 2023 von Bauernhofurlaub.de

Liebstöckel © spline_x - stock.adobe.com

Der Liebstöckel wird im Volksmund auch „Meister des Unterleibs“ genannt, da er die Blase wärmen, Bauchkrämpfe lindern und das Liebesfeuer entfachen soll. Hat die stark aromatisch duftende, mehrjährige Gewürz- und Heilpflanze in einem Kräutergarten erst einmal ihren Lieblingsplatz gefunden, so kommt sie dankbar jedes Jahr wieder und das bis zu fünfzehn Jahre lang. Dabei wächst und gedeiht sie so üppig, dass eine Familie davon ihren ganzjährigen Bedarf an Liebstöckel sowohl in der Küche, als auch für die Hausapotheke decken kann.

Steckbrief

Name: Levisticum officinale
Pflanzenfamilie: Doldenblütler (Apiaceae)
Vorkommen: Stammt vermutlich aus Afghanistan und dem Iran (Naher und Mittlerer Osten), heutzutage innerhalb Europas im Wildwuchs vor allem in den Bergen des östlichen Mittelmeerraumes anzutreffen, wird meist als Kulturpflanze gezüchtet
Wuchs: 100 bis 250 cm hoch, aufrechter, buschiger Wuchs, schnellwachsende, robuste, mehrjährige Pflanze mit umfangreich verzweigtem, knolligem Rhizom-Wurzelwerk
Aussehen: Hochwachsende, gerade, dicke Stängel, hellgrüne, zwei- bis dreifach gefiederte Blätter mit auffälligem Blattglanz, die ca. 7 cm lang und bis zu 6 cm breit werden können. Doppeldoldiger Blütenstand mit bis zu 11 sehr kleinen, gelben Blüten, aus denen bis zu 7 mm lange, flache, eiförmige, braune Spaltfrüchte entstehen. Die ganze Pflanze ist stark aromatisch duftend.
Besonderheit: Gewürz- und Küchenkraut, Arznei- und Heilpflanze, Pflanze kann bis zu 15 Jahre alt werden
Aussaat der Samen im Freien: März bis April
Anbau: Sonniger, warmer und heller Standort. Sandig, lehmiger, mäßig feuchter, ph-neutraler bis schwach saurer, kalkhaltiger, nährstoffreicher Boden. Relativ winterfest, verträgt Temperaturen bis -15°C. Da Liebstöckel sehr hoch wachsen kann, sollte er mit Stäben, Schnüren oder Rankgittern gestützt werden. Das kräftige Aroma dieser Pflanze kann auf Nachbarpflanzen übergehen, deshalb besser alleinstehend anpflanzen oder mindestens 50 cm Pflanzabstand halten, Anbau ist auch im Topf möglich. Die Samen leicht mit Erde bedecken und angießen, keimt nach rund 20 Tagen, sobald Keimlinge eine Höhe von 15 cm erreicht haben, am besten einzeln oder mit großzügigem Abstand umpflanzen.
Pflege: Bei sehr sonnigen, warmen Standorten, viel gießen, bei halbschattigen Standorten nur mäßig gießen, aber immer ein feuchtes, jedoch nicht nasses Milieu halten. Es kann zu Geschmackseinbußen des Krautes kommen, wenn der Boden über längere Zeit zu trocken ist. Düngen mit nährstoffreichem, kalkhaltigem Substrat (Starkzehrer), anstelle von Düngemitteln bevorzugt die Pflanze das Mulchen. Wer ganzjährig viele Liebstöckelblätter ernten möchte, sollte noch vor der Blüte die Pflanze zurückschneiden.
Blüte: Juli bis August

Inhaltsstoffe des Liebstöckels

Ätherische Öle, Angelikasäure, Bitterstoffe, Harze, Gerbstoffe, Apiol, Fette, Apfelsäure, Gummi, Kampfer, Myristicin, Invertzucker, Cumarine, Umbelliferon, Isovalerinsäure, Carvon, Fucocumarine

Namensvielfalt des Liebstöckels

Maggikraut, Selleriekraut, Nussstock, Lobstock, Badekraut, Gichtstock, Levestock, Gebärmutterkraut, Liebesröhre, Luststecken, Nervenkräutel, Sauerkrautwurz, Wasserkräutel, Leppstock, Leibstöckle, Liebrohr, Schluckwehrrohr, Liebstängel, Luststöckel, Laubstecken, Suppenlob, Leberstockkraut

Erntezeit einzelner Pflanzenteile

Wurzeln: Im zeitigen Frühjahr oder Spätherbst (September bis Oktober) Blätter und Stängel: Im Frühjahr Samen: Im Spätsommer (August bis September)

Geschichte des Liebstöckels

Liebstöckel als Heilpflanze

Im Kräuterbuch „materia medica“ des griechischen Arztes Dioskurides, welches er im 1. Jahrhundert n. Chr. verfasste, wurde der Liebstöckel bereits als Heil- und Würzkraut beschrieben, er nannte ihn dort „ligystikon“. Ebenso im Kräuterwerk „Liber de cultura hortorum„ des Mönchs Walahfrid Strabo, der den Liebstöckel im 8. Jahrhundert n.Chr. darin beschrieb und dieses Kraut in einem Klostergarten auf der Insel Reichenau kultivierte. Das umfassende Kräuterbuch des Abtes ist besser unter der Kurzbezeichnung „Hortulus“ bekannt.

Die weltbekannte Heilkundige Hildegard von Bingen benutzte den Liebstöckel in erster Linie bei Halskrankheiten und Lungenschmerzen, sah ihn jedoch ebenfalls als magenerwärmend, harntreibend und die Verdauung fördernd an. Die Äbtissin gab dem Kraut den Namen „lubestuckel“ und setzte es weiterhin gegen die Wassersucht (Wassereinlagerungen im Gewebe) ein.

Sagenumwobener Liebstöckel

Im französischen Elsass sowie in der Schweiz ist ein alter Liebstöckel-Brauch bekannt. Klagte jemand über Halsweh, so trank diese Person eine erwärmte Milch durch den hohlen Pflanzenstängel des Liebstöckels, was die Schmerzen schnell linderte.

Dem Liebstöckel wird wegen seiner anregenden, erwärmenden und stärkenden Eigenschaften nachgesagt, ein wahres „Aphrodisiakum“ zu sein, was sich selbst in einigen seiner Beinamen widerspiegelt. Weiterhin haben ihm seine mehrjährige Triebkraft und sein üppiger Wuchs zu diesem Ruhm verholfen.

Den Liebstöckel in Wein und in Kombination mit Kümmel aufgekocht, soll den mündlichen Kunde zufolge zu einem „guten Magen“ verhelfen und außerdem „die schlechten Winde aus dem Darme“ vertreiben.

Weiterhin sagt eine Überlieferung, das junge Frauen, die am „Siebenbrüdertag“, dem 10. Juli eines jeden Jahres, das Liebstöckelkraut intensiv kauen, noch im gleichen Jahr heiraten werden und künftig sieben Söhnen das Leben schenken.

Reisende legten in früherer Zeit einige Blätter des Liebstöckels in ihre Schuhe, das sollte die müden Füße erfrischen. In den Gasthöfen, in denen sie unterwegs einkehrten, bekamen sie zudem einen Stärkungstrank angeboten, der Liebstöckel enthielt. Weiterhin wurde praktiziert, das Öl der Liebstöckelsamen auf die Fußsohlen zu streichen, was Schlangen abschrecken und somit vor ihren Bissen schützen sollte.

Mischte man den Liebstöckel unter das Viehfutter, dann wirkte sich das begünstigend auf den Milchfluss des Viehs aus. Schon allein aus diesem Grunde, war die Liebstöckelpflanze in jedem Bauerngarten früher zu finden.

Verwendung in der bäuerlichen Küche

Der äußerst aromatische und würzig schmeckende Liebstöckel wurde von jeher in den Bauernküchen sehr gerne zum Würzen deftiger Gerichte und Suppen verwendet. Hauptsächlich werden die Blätter, die Samen und die jüngeren Triebe benutzt. Der Liebstöckel wird nicht umsonst „Maggikraut“ genannt, da diese Pflanze vom Geschmack her sehr an das flüssige Küchengewürz Maggi erinnert. Vor allem Suppen verleiht dieses Kraut eine wunderbare Würze, die Bauern verwendeten es jedoch auch in Eintöpfen, zu Fisch-, Pilz- und Fleischgerichten, an Eierspeisen, für Aufläufe und Gratins sowie in Soßen, Dressings und Salaten. Sie gaben den Liebstöckel entweder als kleingeschnittenes Frischkraut oder als getrocknetes Gewürz am Ende des Kochvorganges hinzu, damit er sein typisches Aroma behält. Da er einen scharfen, sellerieähnlichen Geschmack mit leichter Bitternote besitzt und damit über große Würzkraft verfügt, verwendeten sie ihn nur sparsam. Liebstöckel harmoniert hervorragend mit Knoblauch und wurde in der Bauernküche oft in dieser Kombination verwendet. Die Liebstöckeltriebe blanchierte man und servierte sie als Gemüsebeilage, während die Stängel gerne kandiert wurden, wobei sie ein besonders schmackhaftes Aroma entfalteten. Die Samen fanden vor allem beim Backen von herzhaftem Bauernbrot und anderem deftigem Gebäck Verwendung, aber auch als würzende Zutat in so manchen Käsespezialitäten. Zudem wurde das Kraut gerne in einem schmackhaften Kräuterquark verarbeitet. Sowohl aus den Samen als auch aus den Liebstöckelwurzeln braute man gerne einen äußerst würzig schmeckenden Tee.

Anwendung

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Kosmetische Anwendung

Der Liebstöckel wird aus dem Grund auch „Badekraut“ genannt, weil er stark erwärmende und damit schweißtreibende Wirkungen besitzt. Fügt man ihn in frischer oder getrockneter Form einem heißen Vollbad als Badezusatz hinzu, kann damit übermäßiges Schwitzen hervorgerufen werden, was sich oftmals bei Erkältungskrankheiten lindernd auswirkt. Beim Fußschweiß ist es interessanterweise so, dass dieser in genau umgekehrter Weise rückläufig wird, indem regelmäßige Fußbäder unter Zusatz von Liebstöckel gemacht werden.

Heilfördernde Anwendung

Liebstöckel ist bekannt dafür, dass er bei Magen- und Darmbeschwerden aller Art heilfördernd wirken kann, ebenso bei Blähungen und Sodbrennen. Werden die Liebstöckelsamen als Tee zubereitet, wirkt er nicht nur anregend und appetitfördernd, sondern hilft auch gegen Verstopfung. Seine harntreibende und entzündungshemmende Wirkung ist bei Harnwegsinfekten, Nieren- und Blasensteinen, Nierengrieß sowie Blasenentzündungen sehr gefragt. Zudem hilft Liebstöckel bei Gicht, rheumatischen Beschwerden und Herzschwäche. Auch für Entzündungen im Kopfbereich, wie beispielsweise Hals-, Mundschleimhaut- und Kehlkopfentzündungen, aber auch bei Husten und Bronchitis soll der Liebstöckel seine heilfördernden Eigenschaften voll entfalten können. Er regt den Stoffwechsel an und hilft äußerlich angewendet bei eitrigen Wunden, Furunkeln, Ödemen und Ekzemen. Weiterhin nutzt man die krampf- und schleimlösenden Eigenschaften des Liebstöckels gerne bei Menstruationsbeschwerden. In der antroposophischen Heilkunde sowie in der Homöopathie wird der Liebstöckel oft gegen Mittelohrentzündungen eingesetzt. Dem Liebstöckel werden zudem herzstärkende Eigenschaften zugeschrieben, weiterhin soll das Kraut in der Lage sein, Wasseransammlungen im Körper abfließen zu lassen. Auch die Verdauungs- und Magensäfte kann der Liebstöckel anregen, was sich oft durch einen vermehrten Speichelfluss bemerkbar macht.

Wirkungen des Liebstöckels im Kurzüberblick

    • Appetitfördernd
    • Verdauungsfördernd
    • Harntreibend
    • Entzündungshemmend
    • Krampflösend
    • Anregend und aktivierend
    • Schleimlösend
    • Blutstillend
    • Herzstärkend
    • Erwärmend
    • Schweißtreibend
    • Stoffwechselfördernd
    • Stein- und Grießlösend
    • Entschlackend
    • Magen- und Verdauungssaftanregend

Nebenwirkungen

Da der Liebstöckel die Eigenschaft besitzt, die Wehen bei einer Geburt zu erleichtern und zu fördern, sollte er nur bei einer unmittelbar bevorstehenden Geburt eingesetzt werden, nicht jedoch während der ersten Schwangerschaftsperiode. Es wäre möglich, dass dadurch vorzeitige Wehen ausgelöst werden. Liebstöckel könnte durch seine erwärmenden Eigenschaften bestehendes Fieber verstärken, deshalb sollte er nicht konsumiert werden, wenn man ohnehin schon erhöhte Temperatur hat. Menschen, die unter Nierenerkrankungen leiden sollten wegen der harntreibenden und entwässernden Wirkungen des Liebstöckels eine Einnahme zuvor mit ihrem Arzt besprechen. Bei eingeschränkter Funktion der Nieren kann sich durch den Konsum von Liebstöckel das umliegende Nierengewebe entzünden. Bei übermäßigem Sonnenbaden wäre es möglich, dass der Verzehr des Krautes durch seine beinhalteten Fucocumarine Hautreizungen auslöst. Wird der Liebstöckel dauerhaft konsumiert, sollte auf eine intensive UV-Bestrahlung verzichtet werden.

Liebstöckel im Handel

In Form von Samen, kleinen und größeren Pflanzen ist der Liebstöckel im Gartenhandel erhältlich. Als frische, lose Würzkräuter, als Küchenkräutertöpfe sowie in getrockneter Form als Gewürzkraut ist der Liebstöckel in vielen Supermärkten, Bio- und Naturkostläden erhältlich. Zudem gibt es ihn dort auch in Form getrockneter Blätter und Wurzeln und selbst als Zusatz in Tees. Sein breites Wirkspektrum findet sich vor allem in Form von Verdauungs- und Magentropfen auf dem Markt, weiterhin sind Tinkturen, Tabletten, Dragees oder Kapseln zu haben. Der Liebstöckel wird zudem in vielerlei Soßen, Dips, Gewürzmischungen, Pestos und sogar in diversen Schnäpsen verarbeitet.

Fazit

Diese pflegeleichte und anspruchslose Pflanze kann an fast jedem Standort gedeihen. Sie verfügt über ein würziges Aroma und ist deshalb aus keinem Kräutergarten wegzudenken. Diese Heilkräuter finden zudem im medizinischen Bereich eine vielfältige Verwendung.